Zoophile Onychomykose durch Trichophyton gallinae

W. Straff, R. Spiewak, P. Poblete, J. Frank

Dermatologische Klinik, RWTH Aachen

Quelle: Straff W, Spiewak R, Poblete P, Frank J. Zoophile Onychomykose durch Trichophyton gallinae. Z Hautkr 2001; 76 (12): 749-750.

 

Zusammenfassung: Bei einer 67-jährigen Diabetikerin fielen eine gelbliche Verfärbung und Dystrophie mehrerer Fingernägel auf. Mittels der daraufhin durchgeführten mykologischen Untersuchungen konnte Trichophyton gallinae als Erreger identifiziert werden. Dies ist der erste Fall einer durch diesen zoophilen Pilz hervorgerufenen humanen Onychomykose in Deutschland.

Schlüsselwörter: Pilzinfektion, Nägel, Onychomykose, zoophile Dermatophyten, Trichophyton gallinae, Microsporum gallinae (Syn.), Achorion gallinae (Syn.).

English version
Sonderdruck (PDF)

Anamnese

Die 67-jährige Patientin stellte sich wegen seit 2 Jahren bestehenden, juckenden Hautveränderungen an den Unterarmen in unserer Poliklinik vor. Anamnestisch bestand ein Diabetes mellitus, der mit Insulin und Glibenclamid eingestellt war. Sonstige Medikamente wurden nicht eingenommen. Allergien waren der Patientin nicht bekannt.

Hautbefund

Bei der Inspektion zeigten sich vereinzelte exkoriierte Papeln und pigmentierte Flecken an den Streckseiten beider Arme. Nebenbefundlich zeigte sich eine gelblich-gräuliche Verfärbung sowie eine Zerstörung der Nagelplatte an mehreren Fingern der linken Hand (Abb. 21). Die Fußnägel waren nicht betroffen.

Abb. 21: Onychodystrophie Digitus I der linken Hand.

Onychodystrophie des Daumennagels.

Mykologische Diagnostik

Die native mykologische Untersuchung von Nagelspänen war negativ. Die Fingernagelproben wurden anschließend zerkleinert, auf Sabouraud-Agar inokuliert und bei 24°C über 3 Wochen inkubiert. Die Identifikation der Pilz-Spezies Trichophyton gallinae erfolgte aufgrund der charakteristischen rötlichen Verfärbung der Kulturplatte sowie den makroskopischen und mikroskopischen Merkmalen der Kolonie (Abb. 22).

Abb. 22: Trichophyton gallinae, kultureller Befund.

Makroskopisches Bild der Trichophyton gallinae-Kolonie.

Verlauf

Bei genauer Befragung über die mögliche Quelle der zoophilen Pilzinfektion wies die Patientin auf den Kontakt zu Brieftauben, die von ihrem Ehemann gehalten wurden, hin. Neben der Behandlung der Hautveränderungen an den Armen, die wir als pruriginöse Dermatose bei Diabetes mellitus interpretierten, wurde eine systemische antimykotische Therapie geplant, die jedoch aufgrund einer Steatosis hepatis mit persistierender Erhöhung der Transaminasen nicht durchgeführt werden konnte. Zur weiteren lokalen Therapie stellte sich die Patientin nicht mehr in unserer Klinik vor.

Kommentar

Dermatophyten sind pathogene Erreger, die das Keratin der tierischen Haut und deren Anhangsgebilde als Nährstoffquelle verwenden. Der Dermatophyt Trichophyton gallinae ist ein typischer Vogelkrankheitserreger, der ausgesprochen selten Menschen oder andere Säugetiere infiziert. Dies ist auf die Spezifität der Keratinase des Pilzes zurückzuführen, die das Keratin der Vogelfedern, aber nicht das der Säugetierhaare abbauen kann (1). Nur wenige Ausnahmen von dieser Regel sind bisher bekannt: So wurde T. gallinae in Einzelfällen beim Affen und Hund isoliert (2, 3). Faruqui et al. berichteten über ein pakistanisches Kind mit einer Tinea capitis, hervorgerufen durch T. gallinae (4). Im Iran wurde die Häufigkeit der durch T. gallinae-Infektion hervorgerufenen menschlichen Mykosen auf 0,2% geschätzt (5). In Nigeria dagegen scheint dieser Pilz unter Menschen weit verbreitet zu sein, da kürzlich 18,4% aller Mykosen bei Kindern auf T. gallinae zurückgeführt wurden (6).

In Europa sind bisher nur wenige Fälle einer humanen T. gallinae-Infektion beschrieben worden. Im Jahre 1964 wurden in Schweden zwei Männer mit Tinea cruris beschrieben, in einem weiteren Fall aus Bulgarien handelte sich um eine berufsbedingte Infektion bei einem Landwirt (7, 8). In 1984 publizierten Arievich et al. den Kasus einer Erzieherin, die sich durch den Kontakt zu Küken angesteckt hatte, die in einem Kindergarten in Moskau gehalten wurden (9). Aus Frankreich wurde über ein Kind mit herpetiformer Trichophytie berichtet. Auch in diesem Falle wurde die T. gallinae-Infektion von einem Huhn übertragen, das als Haustier gehalten wurde (10). In allen zuvor aufgeführten Fällen handelte sich um lokalisierte Infektionen mit dem Erreger. Nur in einem Fall wurde über eine generalisierte Trichophytie bei einem spanischen Patienten berichtet, der an AIDS erkrankt war (11).

Das Auftreten der T. gallinae-Infektion wird beim Menschen mit der Haltung von Vögeln, insbesondere Hühnern und Tauben, assoziiert. Dennoch finden sich in Mitteleuropa auch bei Landwirten und Tierzüchtern nur äußerst selten zoophile Trichophytien, und bisher wurde über keinen Fall einer T. gallinae-Infektion berichtet (12, 13). Somit handelt es sich unseres Wissens nach im hier vorgestellten Fall um die Erstbeschreibung einer durch T. gallinae hervorgerufenen Onychomykose in Deutschland.

Literatur

  1. Wawrzkiewicz K., J. Lobarzewski, T. Wolski (1987): Intracellular keratinase of Trichophyton gallinae. J. Med. Vet. Mycol. 25, 261-268.
  2. Gordon M. A., G. N. Little (1968): Trichophyton (Microsporum?) gallinae ringworm in a monkey. Sabouraudia 6, 207-212.
  3. Komarek J., Z. Wurst (1989): Dermatofyta klinicky zdravych psu a kocek. Vet. Med. Praha 34, 59-63.
  4. Faruqui A. H., K. A. Khan, T. S. Haroon (1984): Scalp infection by Trichophyton gallinae (a case report from Pakistan). Mykosen 27, 589-591.
  5. Khosravi A. R., M. R. Aghamirian, M. Mahmoudi (1994): Dermatophytoses in Iran. Mycoses 37, 43-48.
  6. Nweze E. I. (2001): Etiology of dermatophytoses amongst children in northeastern Nigeria. Med. Mycol. 39, 181-184.
  7. Gip L. (1964): Isolation of Trichophyton gallinae from two patients with tinea cruris. Acta Derm. Venereol. 44, 251-254.
  8. Balabanoff, V. A. (1967): Infection in an agricultural worker caused by T. (A.) gallinae with a review of the parasitic group "Achorion". In: Chmel, L., (Ed.). Recent Advances of Human and Animal Mycology. Publishing House of the Slovak Academy of Sciences, Bratislava, 63-66.
  9. Arievich, A. M., N. P. Golovina, A. F. Baranov (1984): Trichophyton gallinae kak vozbuditel' trikhofitii u ptits i liudei. Vestn. Dermatol. Venerol. (10), 23-28.
  10. Miegeville M., S. Chevrier, B. Bureau (1989): Isolement de Trichophyton gallinae responsable d'un herpes circine de la joue chez un jeune garcon. Bull. Soc. Fr. Mycol. Med. 18, 259-262.
  11. del Palacio A., M . Pereiro Miguens, C. Gimeno, M. S. Cuetara, R. Rubio, R. Costa, G. Romero (1992): Widespread dermatophytosis due to Microsporum (Trichophyton) gallinae in a patient with AIDS - a case report from Spain. Clin. Exp. Dermatol. 17, 449-453.
  12. Korting H. C., H. Zienicke (1990): Dermatophytosen als Berufskrankheit in industrialisierten Ländern. Bericht über zwei Fälle aus München. Mycoses 33, 86-89.
  13. Spiewak R., W. Szostak (2000): Zoophilic and geophilic dermatophytoses among farmers and non-farmers in eastern Poland. Ann. Agric. Environ. Med. 7, 125-129.

For personal use only. © Blackwell Wissenschafts-Verlag GmbH.

Contact Dr. Spiewak Back to article list Website's front page